Ein Rennen voller Emotionen, Höhen und Tiefen und Tage, die ich nie vergessen werde…
Nach nicht optimaler Vorbereitung (was alle gerne vor dem Rennen sagen, diesmal aber mit nur 6 aus 12 Wochen Training direkt vor dem Wettkampf tatsächlich zutrifft) werde ich zum zweiten Mal die Challenge Roth absolvieren.
Die letzten Sessions laufen gut und der Bike Check-In stellt den letzten Punkt auf der To-Do-Liste dar. Noch einmal schlafen und es heißt einmal mehr Langdistanz!
Der Schwimmstart der Challenge Roth ist ein ganz besonderer Ort. So viele Menschen rund um den Kanal und auf der Brücke, die einen anfeuern, auch wenn man schwimmt, kann man sie definitiv hören!
Der Helm hat das schlechte Wetter in der Nacht überlebt und ist immer noch auf meinem Fahrrad. Reifen überprüft, Schuhe befestigt, Ernährung auf dem Fahrrad und Computer startbereit. Noch ein letzter Stopp auf der Toilette und es ist Zeit, sich fürs Schwimmen fertig zu machen. Neoprenanzug an und ich bin bereit für meinen Start um 7:05 Uhr. Alle um mich herum sind fröhlich und aufgeregt 🙂
Für mich ist es das dritte mal in diesem Kanal. Ich weiß, dass ich mich beim Schwimmstart auf der rechten Seite positionieren kann, um beim Warten stehen zu können. Dann erfolgt der Startschuss und ich “genieße” die Magie des Massenstarts. Die ersten 200m überlebe ich ganz gut, bevor es ruhiger wird. Ich nehme den Kopf hoch, um hin und wieder den Kurs zu überprüfen und weiß, dass ich ziemlich weit rechts bin. Ich denke darüber nach, nach links zu gehen, um ein paar Füße zu finden, aber ich mag es wirklich, ein gutes Schwimmen und einen guten Rhythmus zu haben, also beschließe ich, rechts zu bleiben.
Nach der ersten Kurve hat sich das Feld verteilt. Einige schnellere Sportler von späteren Startgruppen schwimmen vorbei und auch ich kann ein paar langsamere Schwimmer aus früheren Startgruppen überholen. Ich bleibe rechts, da ich weiß, dass es der kürzere Weg ist. Am Start vorbei, die Brücke passieren, zweite Kurve und die letzten 300m zurück zum Schwimmausgang. Da ich es nicht übertreiben will, halte ich mich hinter anderen Schwimmern, obwohl ich vielleicht schneller sein könnte. Auf dem Fahrrad bleibt noch viel Zeit, um an ihnen vorbeizukommen. Basierend auf der Vorbereitung bin ich wirklich glücklich, als ich auf meine Uhr schaue. Weniger als 1:09h macht mich happy!
Die Support-Crew in T1 und auch überall sonst ist unglaublich! Ich bekomme Unterstützung, um meinen Anzug richtig anzuziehen, da ich mit dem Rennanzug auf den Hüften schwimme. Meine Startnummer angezogen und ab zum Fahrrad, Helm auf und los gehts. Da ich den Kurs bereits kenne, abgesehen von den beiden Änderungen, die sie in diesem Jahr vorgenommen haben, weiß ich, was mich erwartet. Ich mache es mir “gemütlich”, stelle sicher, dass ich die ersten Kohlenhydrate rein bekomme und dann ist racen angesagt.
Die Zeit hier mit der tollen Unterstützung vergeht super schnell. Bald sind wir schon in Heideck, dann in Greding mit dem steilsten Anstieg und wenig später kommen wir dem Solarer Berg näher. An dieses Erlebnis wird man sich immer erinnern! Da ich in Startgruppe Nr 6 war, bin ich noch früh dran, als wir dort die Massen erreichen. Es ist das Beste, was der Triathlon zu bieten hat und auch auf der zweiten Runde ist es noch voll. Da bekommt man Flügel und Gänsehaut!
Da ich weiß, dass meine Vorbereitung nicht 100% perfekt war, spare ich in der zweiten Runde etwas Energie. Der Kurs ist zwar etwas länger im Vergleich zum 2022er Kurs, aber ich kann meine Fahrradzeit trotzdem um 16 Minuten verbessern (obwohl ich einmal an der Toilette anhalten muss). Beim Absteigen in T2 weiß ich, dass ich noch mehr oder weniger 3:55h Zeit habe, um unterhalb der 10 Stunden Barriere zu bleiben. Vor 2 Jahren waren es 3:30h, also noch 25 Minuten mehr, um diesen großen Traum wahr werden zu lassen.
Der Wechsel in T2 läuft im Grunde von selbst, da die Frau, die mich unterstützt, mir alles schneller gibt als ich reagieren kann – ein wirklich besonderer Service in Roth!
Was zu tun bleibt: Startnummer nach vorne, Kohlenhydrate mitnehmen und los geht’s zum finalen Marathon. Immer wenn ich bei einem Triathlon-Wettbewerb vom Fahrrad steige, werde ich euphorisch und es fällt ziemlich schwer, das Lauftempo zu drosseln. Diesmal ist der erste Kilometer ganz okay. Die Menge treibt einen nach vorne und bald bin ich schon am Kanal, wo der größte Teil des Marathons stattfindet. Woran ich mich erinnere ist, dass es vor zwei Jahren nach dem Halbmarathon, der noch am Kanal erreicht ist, richtig hart wurde. Ich bringe mich in einen guten Rhythmus über die ersten 5 Kilometer. Die zweiten 5 Kilometer sind auch ganz gut.
Das Gedankenspiel beginnt bei km 15, wenn man am Kanal zur zweiten Wende laufen muss. Ich kann jetzt spüren, dass meine Vorbereitung nicht ideal war und selbst das konservative Tempo ist wirklich schwer zu halten. Beim Erreichen des ersten Halbmarathon bekomme ich die Ernährung für die zweite Hälfte. Seit km 15 gehe ich durch die Hilfsstationen, um meinem Körper eine Pause zu gönnen und Wasser und Abkühlung zu bekommen. Auch wenn es bei weitem kein heißer Tag ist, kann ich trotzdem spüren, wie hoch meine Körpertemperatur geworden ist. Bei km 25 verlässt man den Kanal wieder, was irgendwie eine Erleichterung ist. Bei etwa 29 Kilometern gibt es eine kleine Schleife, die mich zum ersten Mal richtig zum kämpfen bringt. Ich muss laufen und spüre, dass sich ein Muskel im rechten Knie verkrampft. Ab jetzt hat das Gedankenspiel richtig begonnen. Ich weiß, dass selbst 5 Minuten pro km sicher ausreichen würden, um die 10 Stunden zu unterbieten, aber als ich zum ersten Mal gehe, verliere ich Sekunde für Sekunde. Ich fange wieder an zu laufen, aber es ist jetzt eher ein Lauf-Walk-Mix mit mehr oder weniger Laufen.
Ich laufe durch Roth und die Altstadt mit all den Zuschauern – das macht den Lauf immer wieder leichter. Der schwerste Teil sind die letzten 10 Kilometer hinaus nach Büchenbach leicht bergauf und dann wieder zurück nach Roth. Auf dem Weg nach Büchenbach gehe ich 3 von den 5k und muss mit mir kämpfen nicht aufzugeben. In meinem Kopf wechsle ich ständig zwischen dem Gedanken, dass ich es nicht mehr unter 10 Stunden schaffe und lieber leicht laufen oder gar aufhören sollte und dem Gedanken, dass es noch möglich ist. Ein Langstreckenrennen lehrt dich so viel über Ziele in deinem Leben und ich war schon einmal an diesem Punkt.
An der Wende in Büchenbach raufe ich mich nochmals zusammen, mit starker Unterstützung des Manns am Mikrofon dort. Er sagt mir ich darf kurz noch den Applaus genießen, bevor ich wieder loslaufen muss. Ich fange also wieder an zu laufen, aber muss auch wieder gehen. Erreiche das Sub10 Ziel, erreiche es nicht, erreiche es wieder…. Endlich erhöhen sich die Laufanteile wieder und ich kann ein längeres Stück bergab laufen. Nach dem Spaziergang durch die meisten Teile der Altstadt raufe ich mich ein letztes Mal zusammen. Ich schaue ein letztes Mal auf meine Uhr und weiß, dass es noch möglich ist – und los geht’s. Sammle die letzte Energie, ignoriere die Muskelschmerzen, genieße jeden Zuschauer! Das Stadion rückt näher und ich kann die Zuschauer dort schon hören.
Der beste Moment ist kurz vor dem Stadion, wenn man weiß, dass alles klappen wird. Alle Emotionen kommen hervor und die letzten Meter sind einfach nur noch verrückt. Ein Traum wird wahr – fast 10 Monate Training für diesen Moment und es war jede Sekunde wert!
Bericht von Tobias