Der Radklassiker „Paris-Brest-Paris“ findet seit 1891 alle vier Jahre statt, zuletzt vom 21.08.-24.08.2023. Es geht darum, in weniger als 90 Stunden von Paris nach Brest und wieder zurück zu fahren, insgesamt ca. 1220 km mit mehr als 11000 Höhenmetern.
Die Idee, hieran teilzunehmen, entstand schon bald nach Styrkeprøven (Radmarathon Trondheim-Oslo) in 2019. Damals hatten alle Teilnehmer die Tour und die ganze Vorbereitung darauf als ausgesprochen schön empfunden (siehe Peters Artikel von damals).
Teamworker am Start bei Paris-Brest-Paris 2023 waren Kai und Klaus. Mit in unserem „Team“ von Randonneuren waren der ehemalige Teamworker Alex Hannemann und der Sportsfreund Veikko Brünner.
Voraussetzung für die Teilnahme waren eine Reihe von Qualifiktionsfahrten („Brevets“) über 200 km, 300 km, 400 km und 600 km, die in 2022 und 2023 absolviert werden mussten. Wir hatten darüber berichtet.
Endlich war es soweit. Am Samstag, den 19.08.2023, trafen wir uns in Rambouillet bei Paris, dem Startort der Tour. Start- und Ziel, Startnummernausgabe und Radmesse liegen im Park des wunderschönen Chateau Rambouillet.
Im Laufe des Samstags trafen immer mehr Teilnehmer aus aller Welt ein. Gemeldet waren 6810 Teilnehmer aus 71 Ländern, darunter 493 Frauen und insgesamt 759 Teilnehmer:innen aus Deutschland.
Die „Deutschen“ trafen sich am Nachmittag zu einer Kennenlernveranstaltung, erfuhren dabei allerlei zur Geschichte der Brevets in Deutschland und hatten Gelegenheit, sich gegenseitig Tipps zu geben und Mut zu machen.
Am Sonntag Nachmittag um 16:00 Uhr gingen die ersten Startgruppen mit den besonders schnellen Fahrerinnen und Fahrern auf den Weg. Da unser Start erst am Montag Morgen um 5:30 Uhr stattfinden sollte, konnten wir dem ganzen Geschehen noch recht entspannt zuschauen.
In der Nacht vor dem Start haben wir alle nicht gut und viel geschlafen: Kai und Klaus froren in der Sammelunterkunft auf Feldbetten zwischen vielen nervösen Teilnehmern, Alexander und Veikko hatten zwar ein Hotel gefunden, mussten dafür aber weit anreisen und zudem sehr früh aufstehen. Aufgeregt waren wir sicher alle!
Montag früh um 5:30 Uhr ging es im Park des Schlosses auf die Reise. Wir fuhren bis Quédillac und hatten am Ende 380 km und 3200 hm auf dem Tacho. Die Strecke war ein stetes Auf- und Ab, landschaftlich sehr schön und radfahrerisch machbar. Die Übernachtung in Quédillac war zwar in einer Massenunterkunft, aber sehr gemütlich und warm, so dass wir sehr gut bis zu 3 Stunden schlafen konnten.
Am Dienstag ging es dann bis Brest und wieder zurück bis Gouarec, insgesamt ca. 350 km und wieder über 3000 hm. Es ging durch ziemlich bergige Abschnitte im Parc naturel régional d’Armorique und über den Gipfel der Tour, den Roc’h Trévezel. Am Nachmittag erreichten wir Brest, wo wir uns aber nach kurzer Pause wieder auf den Rückweg machten. Besonders schön war da natürlich der Stand von Brest und der Ausblick auf die Pont de l’Iroise.
Für die Übernachtung in Gouarec standen größere Zelte zur Verfügung, aber da es in dieser Nacht sehr nebelig war, war natürlich alles feucht und kalt und so waren die maximal zwei Stunden Schlaf eher eine Qual als eine Erholung.
Mittwoch war wieder ein längerer Tag, an dem es wieder über 370 km mit entsprechenden Höhenmetern ging, bis nach Mortagne-au-Perche, wo wir erst nach 4 Uhr am Morgen ankamen. An unseren Fahrzeiten merkten wir jetzt natürlich schon, dass sich die Erschöpfung und Müdigkeit über die Tage addiert. Unter Tage machten wir deshalb auch die eine oder andere Pause mit einem Powernap.
Am Donnerstag hatten wir dann nur noch 120 km zu absolvieren, für die wir uns entsprechend Zeit ließen, so dass wir nach 82 Stunden gegen 15:40 Uhr gesund und glücklich im Ziel ankamen.
Neben einer großen Medaille, Bier und Cidre erwartete uns noch ein tolles Essen, das aber nicht mehr jeder genießen konnte 😉
Eindrücke, die wir in diesen Tagen gesammelt haben, und die bleiben werden:
- Wir haben unendlich viele nette und sympathische Menschen getroffen, bei den Radfahrern, bei den freiwilligen Helfern und bei ganz vielen Zuschauern, die am Wegesrand applaudiert haben und unorganisiert Essen / Trinken angereicht haben.
- Wir fuhren durch wunderbare Landschaft auf sehr wenig befahrenen Straßen. Die wenigen Autofahrer hatten viel Verständnis mit den Randonneuren, die manchmal vor Müdigkeit auf den Straßen mäandierten.
- Die Müdigkeit war allgegenwärtig, bei den Anderen und auch bei uns, und sie nahm täglich zu. Die „Ausgeschlafenen“ in unserem Team sind in Summe während der kompletten Tour vielleicht auf sechs Stunden Schlaf gekommen, die „Müden“ eher nur auf zwei Stunden. In Erinnerung bleiben werden die Bilder aus den Nächten, wenn beleuchtete Fahrräder am Straßenrand liegen und irgendwo daneben die Fahrer dazu, oder die Kontrollstellen, an denen überall auf Bänken und auf dem Boden schlafende Randonneure herumlagen.
- Die vielen Höhenmeter (ca 1000 hm / 100 km) machten die komplette Strecke zu einem andauernden Auf und Ab. Schnell merkten wir, dass wir Flachländer uns mit einer 600 km-Tour zum Darß eben nicht angemessen vorbereitet hatten, auf das was hier abgefragt wurde.
- Der Zusammenhalt in unserem Team hat sehr gut funktioniert. Die Berge stellen eine harte Prüfung für jede Gruppe dar: jeder hat sein Tempo, in dem er den Berg hochfährt. Anfangs haben wir oben immer aufeinander gewartet. Später sind wir in zwei Zweiergruppen gefahren und haben uns erst an den Kontrollstellen wieder getroffen. Letztlich sind wir aber gemeinsam im Ziel angekommen!
Würde ich an Paris-Brest-Paris noch einmal teilnehmen? Wenn es nicht so anstrengend wäre: auf jeden Fall! :-))
Bericht von Klaus